Ausstellung / Gabriela 7/16

Es fällt mir schwer [mich als Bürgerin in Österreich zu engagieren], weil ich [diese Räume] nicht verstehe. In der Universität zum Beispiel, da war ich in Chile immer Teil der Studierenden­orga­nisa­tionen und so weiter, aber hier… […] sind die nicht offen, es gibt keine Studienrichtungs­versamm­lungen, keine Versammlung auf universitärer Ebene. Es ist eher so, dass sich jemand vornimmt: „Ich will Repräsentant aller meiner Kollegen sein“, und dann geben sie dir einen Kurs für Führungs­positionen und erst dann fängst du an, in Studierenden­organisationen zu arbeiten. Also das erscheint mir verrückt… Und ich verstehe auch nicht, wie die Stadtviertel funktionieren, ich weiß nicht, wie sie funktionieren… Ich weiß nicht, ob sie über Nach­bar­schafts­komi­tees verfügen. Und dann erreichen uns plötzlich Briefe von unserem Bezirksamt: „Es wird […] etwas veranstaltet, es gibt einen Jahrmarkt…“. Und [wir sagen:] „Ah, gut, wie schön!“, aber ich weiß nicht, ob es wirklich Räume bürgerlicher Selbstorganisation gibt. Auf kultureller Ebene, fehlt mir die Straßenmusik sehr, denn hier gibt es zwar an bestimmten Orten Straßen­musiker, aber das ist offensichtlich nicht „deine“ Musik, es sind sehr poppige Sachen, Gringo-Pop oder ost­europäischer Pop, Teufel auch! Schöne Musik, aber ich habe die nie im Leben gehört und offensichtlich ist das nicht der Sound, nach dem deine Stadt klingt. Und natürlich das Thema der Lebensmenschen, das ist sehr schmerzhaft. […]

Neulich sagte mir meine Mama: „Hör´ mal, [deinem] Neffen Miguelito ist wieder diese Sache zugestoßen…“ Und darauf ich: „Was heißt: wieder? Was ist denn vorher geschehen?“ „Na, es ist ihm schon ungefähr drei Mal passiert.“ Und darauf ich: „Aber warum habe ich das nicht erfahren?“ […] Meine Mutter und ich sprechen uns jede Woche mindestens eine Stunde, meine Schwester schreibt mir… Immer bekomme ich Nachrichten hier und dort und natürlich weiß ich mehr von meinen Neffen und Nichten, die etwas auf soziale Medien hochladen, als von denen, die nichts auf soziale Medien hochladen. Aber es ist trotzdem schmerzhaft zu wissen, dass du nicht dabei sein wirst, und am Anfang habe ich mich sehr gequält, um gegenwärtig zu bleiben. Da habe ich viel Geld für Geschenke ausgegeben, zum Beispiel, für das ständige Schicken von Geschenken: zum Muttertag, zum Vatertag, zu Weihnachten, […] zu Geburtstagen, all diese Dinge, und das habe ich jetzt schon aufgegeben. Na gut, ich bin nicht da, ich bin nicht da, verdammt! Und wenn ich hinfahre, bin ich da und fertig! Und das hat funktioniert, aber es ist schon schmerzhaft, verdammt noch mal, wenn meinem Neffen etwas passiert, kann ich meiner Schwester nicht helfen […]. Ich kann nicht anbieten, eine Stunde bei meiner anderen Nichte zu sein, damit sie ihre Erledigungen machen kann. Das kompliziert alles, nicht da sein zu können, wenn die Leute dich brauchen.
  weiter lesen