Ausstellung / Evia Pulgar 18/18
Ja, danach sind wir weitergefahren. Die Familie, stell dir vor, behandelte sie wie Prinzen, denn sie waren zum ersten Mal dort. Es war also sehr schön. Als ich mich von meinem Mann trennte, schickte mein Vater immer Briefe, in denen er mich bat, mit den Kindern zurückzukommen. Und zum Glück wollte ich nie weg […]. Und ich sage zum Glück, weil es ihre Zukunft war. Ich wusste, dass sie hier eine gute Ausbildung bekommen würden. Dass sie hier Tennis spielen könnten, wenn sie wollten. Sie könnten Ballett tanzen, wenn sie wollten. In die Oper oder ins Theater gehen. Alles war auf die eine oder andere Weise erreichbar. Sie konnten Skifahren gehen, es kostete viele Opfer, viel Geld, aber ich konnte es ermöglichen. Und dort würde es sehr schwierig werden. Außerdem war ich es gewohnt, finanziell von niemandem abhängig zu sein. Aber zum Glück hatte ich die Kraft, mein Leben zu ändern, meine Art zu leben, aus meinem Schneckenhaus herauszukommen und zu sagen: „Ja, jetzt nehme ich mein Leben in die Hand.“ Ich habe zwei Kinder, ich muss für sie kämpfen, ich darf nicht zulassen, dass jemand über mich hinweggeht.
Ich meine, ich bin immer traurig über das, was passiert ist. Ich komme nicht darüber hinweg. Auch wenn niemand in meiner Familie getötet oder gefoltert wurde oder so etwas. […] Aber ich habe es nicht geschafft, diese Trauer zu überwinden. Das begleitet mich immer, was passiert ist, was nicht hätte passieren dürfen. Und ja, als Exilantin habe ich versucht, das Beste aus meinem Aufenthalt hier zu machen. Und ich diesem Land superdankbar. Ich lebe gerne hier. Trotz der Kälte und all dem. […] Am Anfang war es sehr, sehr schwer für mich. Aber wenn ich meine Familie sehe, wie sie gewachsen ist… Zu sehen, dass es ihnen an nichts fehlt, dass sie in den Kindergarten gehen, in die Schule, Schulausflüge machen... Meine Tochter ist berufstätig, mein Sohn arbeitet auch an seinen eigenen Sachen. Man sieht sie also nicht leiden und das lässt einen denken: „Das war es wert!“ Es war die Einsamkeit wert, es war die Tränen wert, es war das Hinfallen und wieder Aufstehen wert. Das alles war es wert. Und ich glaube, ich könnte nicht mehr in Chile leben. Auch wenn ich mein Land liebe.