Ausstellung / Margarita Alonso 5/17
Ja, [wir heirateten] im Gefängnis. Wir haben am 14. August ‘74 geheiratet. Die Sache ist die, dass nur meine Mutter, seine Mutter und zwei Zeugen, unser lieber jüdischer Freund und ein Freund von Tom, zur Hochzeit gehen konnten. Und wir beide. Dann waren da noch der, der die Trauung durchführte, und zwei Wachen, die Gendarmen, und das war's. Wir waren verheiratet. Und da haben sie sich draußen schon formiert und mussten die Nummern sagen, um zurück in die Zellen zu gehen. Sie waren bei der Zählung und er musste auch gehen.
Also ein Kuss, und in Begleitung der Gendarmen ging er in seine Zelle. Und wir gingen schweigend nach Hause. Ich liebte es, etwas zu tun. Also verbrachte ich meine Zeit damit, Lampen aus Papier und Pappe herzustellen, und ich bekam Aufträge. Da ich nachts arbeitete, hatte ich tagsüber den ganzen Tag Zeit. Und ich brauchte nicht viel Zeit zum Schlafen, also fing ich an, das zu tun, ich hatte meine Bretter, ich machte die elektrischen Verbindungen für die Lampen, sodass sie schöne Formen hatten. Ich machte Stehlampen, Tischlampen, ich kaufte Eisenrahmen und „Dekorationspapier“. Nun, seine Strafe betrug fünf Jahre und einen Tag. Also würde er entweder ins Exil gehen oder im Gefängnis bleiben. Da sagte die ganze Gruppe von Marinesoldaten, die fast die gleichen Strafen und Prozesse hatten: „Wir gehen!“ Die Frage war, wohin? Also ging ich zu den Botschaften in Santiago, meine Schwiegermutter auch, sie besuchte einige und ich auch. Und eines Tages gingen wir hin und – bam! Da war ein Visum für Österreich! Also, glücklich. Und dann kam ein weiteres aus Kanada und ein weiteres aus England.
Da war also das Dilemma: Wohin? Wir haben den Vergleich gemacht. Mir hätte England gefallen wegen der Sprache. Gegen Kanada hätte ich auch nichts einzuwenden gehabt, aber Tom sagte: „Nein, das ist zu nah an den Vereinigten Staaten, und Österreich ist ein kleines Land, mit nur fünf Soldaten, also kein Krieg.“ Außerdem wussten wir, dass es ein Land mit vielen Nobelpreisen ist. Die Ausbildung für unsere Kinder, falls wir Kinder haben, wäre also ideal. Und wir sind bei Österreich geblieben. Am 26. Mai gingen wir alle zum Haus der Freundin meiner Mutter, wir schliefen alle dort, meine Mutter, mein Bruder Iván, unser gemeinsamer Freund und ich. An diesem Tag wurde Tom aus dem Gefängnis geholt und direkt zum Flughafen gebracht, mit den bis an die Zähne bewaffneten Soldaten und allem. Und wir konnten uns durch Glas verabschieden. Aber die Sekretärinnen des CIME [Anm.: Comité Intergubernamental para las Migraciones Europeas / Zwischenstaatliches Komitee für europäische Migration] wussten bereits, dass ich schwanger war, und sie sagten: „Wir werden alles tun, damit du am 31. Mai ausreisen kannst.“ Das heißt, fünf Tage später. Sie riefen den Botschafter an, um die Dinge hier in Österreich zu beschleunigen, und der sagte nein, weil es keine Heiratsbescheinigung gab. Aber sie hatten trotzdem mein Ticket und alles andere. Und ich reiste am 31.Mai ab. Als ich im Heim in Vorderbrühl-Mödling ankam, musste ich im Zimmer eines anderen Mädchens schlafen, weil es keinen Platz für ein Ehepaar gab. Aber der Mann, der in dem Zimmer wohnte, das Toms Zimmer war, sagte: „Ich werde bei den Vietnamesen bleiben“, weil die Vietnamesen oben wohnten, also ging er weg, damit ich dort bleiben konnte.
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