Ausstellung / Marcela Gómez 5/11
Es begann die Unterdrückung, die Verfolgung all derer, die anders dachten. Hunderttausende wurden eingesperrt, gefoltert, hingerichtet. Es gab massive Verfolgung. Viele Gewerkschaftsführer und auch Angehörige der Führung der Kommunistischen Partei wurden verhaftet und in Geheimgefängnisse gebracht. Die Militärs wandten sich auf brutale, maßlose Weise gegen ihre Leute. Politische Führer wie mein Vater mussten in den Untergrund gehen. Mit der Zeit wurde die Situation immer schwieriger und die Existenz gefährlicher. Wer nicht gefangen war, wurde erschossen oder verschwinden gelassen. Mein Vater verbrachte [daher] die Tage nach dem Putsch im Untergrund. [Das Exil] war nicht geplant, nicht vorbereitet, es geschah einfach. Ein Anruf an meine Mutter von der österreichischen Botschaft, wo sich mein Vater befand, teilte uns mit, dass wir als Familie gemeinsam mit meinem Vater reisen könnten. Meine Mutter wusste nicht, ob sie gehen oder in Chile bleiben sollte, das Exil ist immer unfreiwillig, unvorhergesehen und erzwungen. Alles geschieht sehr schnell, so auch die Entscheidungen. Ich erwähne das, weil immer unterschieden wird zwischen denen, die gingen, und denen, die blieben, im Hinblick auf das sogenannte „goldene Exil“.
Wir [aber] folgern, dass unter diesen Umständen zu emigrieren nichts von Gold noch von Silber hat. Wenn es so wäre, hätten wir nach 50 Jahren schon alle Wunden geheilt, eine historische Versöhnung erlangt, die Menschenrechtsverbrecher in Chile bestraft und ein [höheres] Niveau sozialer Würde erreicht, das in Chile sehr niedrig ist. Ich erinnere mich an die Tage vor dieser Reise. Es gab keine Zeit, sich zu verabschieden. Es war nicht gut, viel zu reden und es war keine vorhergesehene Reise. Diese Woche waren wir in Chile und die Woche darauf an einem vollkommen anderen Ort, im Glauben, dass das bald zu Ende gehen würde und wir zurückkehren könnten. Dieses Leben in zwei Welten – das reale, das du von Tag zu Tag lebst, und das andere, das du mittels der Erinnerung, der Kultur, des Essens, der Gebräuche, der Sprache und der Sehnsucht nach Rückkehr aufrechterhältst – ist in den ersten Jahren sehr gegenwärtig. Das Gefühl der Zugehörigkeit zu den eigenen Wurzeln verbunden mit dem Verlust der Identität dauert viele Jahre mehr. All das wird begleitet von einem Gefühl der Entfremdung. Die Frage: „Bleiben oder zurückkehren?“ begleitet dich wie dein Schatten. Und dann die Frage: „Zurückkehren wohin? Bleiben wozu?“ […]
weiter lesen