Ausstellung / Gabriela 13/16

Ich komme aus einer sehr politischen Familie. […] Sie haben mir immer davon erzählt, wie man in den 90ern in Chile nicht über Politik sprechen konnte […]. Es gab also bestimmte Dinge, die mir zeigten, dass ich sehr wohl aus einer politischen Familie kam. Zum Beispiel sah man Pinochet im Fernsehen und meine Mama begann sofort zu weinen oder beschimpfte das Fernsehen […]. Und so lernte ich sofort: „Ah, der böse Alte!“ Und auch die Kreise meines Vaters waren immer sehr politisiert […], sie lebten in den 80ern in Villa Francia, da war damals das ganze Viertel politisiert […]. Sie erlebten Razzien und so… Mein Papa war im Nationalstadion in Haft, wegen einer Dummheit, aber gut, er war gefangen und wurde durch andere Dumm­heiten gerettet. Aber damals hatten sie ganz direkte Erfahrungen, sie mögen keine Opfer sein, aber im Falle meines Vaters… das war keine politische Verfolgung, sondern mein Vater hatte nur Pech. […] Meine Eltern hatten ja keine Führungsposition, sie waren keine politischen Führer noch Mitglieder in irgendeiner Partei, aber es passierten ihnen Dinge…

Das heißt, die Diktatur fegte über sie hinweg, genau wie über die Mehrheit der Chilenen, alle… Und das versuch­ten sie mir immer zu vermitteln: „Schau´, das passiert in Chile, das kann passieren, und wir wählen immer so.“ Meine Mama nahm mich zum Beispiel immer zum Wählen mit, es war ihr sehr wichtig, dass ich die demo­kra­tische Praxis kennenlerne, das war unverhandelbar […]. Also, ja, ich glaube, ich komme aus einer poli­tisch­en Familie. Auch nach dem Essen wurde Politik diskutiert… Als ich an die Universität ging und mich mehr zu politisieren begann, brachten wir diese Themen bei Tisch ein und diskutierten sie mit der ganzen Familie. Jetzt gibt es schon Dinge, die man nicht sagen kann, weil sich [die Lage] sehr stark polarisiert hat […]. Ich bin sicher, es gibt Teile meiner Familie, die wir aus politischen Gründen nicht sehen, und das betreibe ich auch selbst aktiv: „Schau´, ich will mich wohl mit dieser Cousine oder diesen Onkeln nicht treffen, weil ich beim Essen keine Blödheiten hören will.“
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