Sängerin in Wien | Interview geführt von Rayen Cornejo Torres am 20. Juni 2023 in Wien | Transkribiert von Natalia Pino Robledo | Übersetzung aus dem Spanischen von Berthold Molden
Ich bin Gabriela. Ich bin Sängerin, Chilenin, bin geboren in Santiago, habe eine eher unkonventionelle Familie – wie alle Familien, also ist sie gar nicht so unkonventionell. Ich bin [nicht] mit meiner Mutter aufgewachsen, sondern mit meiner Mami – das ist die Person, die mich aufgezogen hat, denn meine Mutter musste arbeiten […] und da ich keine Geschwister habe… oder vielleicht doch, die Tochter meiner Mami war manchmal wie meine große Schwester, so wie die Person, die jetzt meine Schwester ist. Wir haben eine sehr geschwisterliche Beziehung und teilen unsere Mütter und Väter und das ist sehr schön. Ich sagte zu mir selbst: „Ok, ich will versuchen, in Sicherheit zu leben.“ […] Ich weiß, dass das nicht das einzig Wichtige ist, aber ich will versuchen, tanzen zu gehen und nicht besorgt sein zu müssen, dass mir etwas passiert oder derlei Dinge, so wie im Jahr, als ich wegging… Ich verließ Chile 2019, mitten in der sozialen Krise, ich ging vor der „Sozialen Explosion“ [Anm.: Soziale Explosion (estallido social) ist die chilenische Bezeichnung für die sozialen Proteste in Chile 2019] und fühlte völlige Hoffnungslosigkeit hinsichtlich Chiles Zukunft. Wir kamen auch aus einer Menge von… also all den feministischen Besetzungen von 2017 und der Bewegung von 2018…
Und da war es [für mich so:] „Ok, ich will mir die Möglichkeit geben, in Ruhe zu leben, mich nicht sorgen zu müssen, dass mir etwas zustößt.“ Und das war ein großer Antrieb, um Möglichkeiten zu suchen. Es war 2019… die Regierung von Piñeda mit sehr, sehr geringer Zustimmung, um keinen heftigeren Ausdruck zu verwenden. Es war, als hätte alles keinen Sinn. Die Minister redeten irgendwelchen Unsinn im Fernsehen und die Menschen waren auch völlig hoffnungslos, wie in einem Ambiente ganz nach der Art „Rette sich, wer kann“. Das war mein Gefühl, dass es keine Möglichkeit gab, Neues zu unternehmen. Auch weil ich seit 2011 als Universitätsstudentin bei der Studierendenbewegung mitgemacht hatte und da immer [die Erfahrung machte], gegen eine [geschlossene] Tür zu knallen und dann gegen die nächste. Und es war immer das Bewusstsein da, dass etwas schiefläuft und man es ändern muss. Man unternahm alles, alles, alles außer die bewaffnete Revolution, sozusagen, und – „Pah!“, knallten wir gegen diese Tür, gegen irgendeine Tür. Und [wir dachten:] „Gut, nichts für ungut, das war´s, soll Chile zugrunde gehen… ‚Wir schließen von außen ab…‘“. Es fühlte sich sehr so an.
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