Ausstellung / Evia Pulgar 13/18

Ich habe gearbeitet, als ich in Mödling war, in Nieder­österreich, wo meine Kinder geboren wurden, Baja Austria, wie es auf Spanisch heißt. Ich habe zuerst als Spanischlehrerin gearbeitet, dann habe ich im Hotel Novo gearbeitet, in der Reinigung. Dann habe ich im Krankenhaus in Mödling gearbeitet. In der Leichen­halle… [da] habe ich […] sehr gut verdient, aber ich hatte eine sehr schlechte Zeit, denn ich konnte nicht einmal essen, es schien, als könnte ich den Tod riechen. Und genau... drei Dinge gab es, die ich in meinem Leben getan habe, an die ich mich immer noch erinnere und über die ich lache, dass ich sagte: „Ich werde nie in ein Flugzeug steigen!“, „Ich werde nie heiraten!“, und „Ich werde nie in ein Leichenschauhaus gehen, nicht einmal, wenn ein Familienmitglied darin liegt!“ Und diese drei Dinge sind mir sehr schnell passiert. Für mich war es also eine Tortur, dort zu arbeiten, obwohl ich gut bezahlt wurde. Aber ich musste die Augen schließen und an den Toten vorbeigehen. Allerdings verdiente ich ich sehr gut und konnte meine Eltern damals hierherholen. Sie hatten eine tolle Zeit, mein Vater arbeitete noch, deshalb musste er zurück, aber meine Mutter wollte nicht zurück, weil sie hier so glücklich war. Sie aß leckere Sachen, die ich ihr kaufte. Und dann gingen wir zum Beispiel einkaufen, und ich kaufte ihnen alles, was sie wollten. So fuhren sie voll bepackt zurück nach Chile. Es war der einzige Urlaub in ihrem Leben. Sie haben es nie vergessen. Ich spreche von 1982 oder so.

Als wir das Haus besichtigten, sah es aus wie eine Villa, weil es im Vergleich zu einem einzigen Zimmer so groß ist. Das Lustigste war, dass dort, wo einer von uns war, wir alle waren. Hier hatten die Kinder ihr eigenes Zim­mer, jedes hatte ein Zim­mer, aber sie schliefen mit uns.

Mit anderen Worten, niemand gewöhnte sich daran, ohne den anderen zu sein, weil es zuvor ein Zimmer gab. Also kauften wir ihnen ein Stockbett, getrennte Betten, alles, um das Zimmer für sie sehr bunt und interessant zu gestalten. Aber zum Schlafen kamen sie in unser Bett. Und ja, mir kam es vor, als wäre ich im Paradies, weil stell dir vor: Soviel Platz! Ich konnte Pflanzen haben. Und alles zentral. Und dann habe ich auch hier Arbeit gesucht. Am Anfang habe ich geputzt, dann habe ich einen Kindergarten für Gabi gesucht. Rodrigo kam mit fünfeinhalb Jahren, er musste in die Schule gehen. Also ging er in eine Schule in der Nähe. Und dann habe ich einen Job in einem Geschäft gefunden: Julius Meindl, im Supermarkt, und nachdem diese Kette an eine andere Kette verkauft wurde, habe ich auch bei der anderen Kette weitergearbeitet. Das war der Job für […] ungefähr 30 Jahre. Deutsch habe ich nebenbei gelernt, weil ich die ganze Zeit arbeiten musste. […] Ich habe mein Leben damit verbracht zu lernen, bis heute mit dem Computersystem zu lernen, wie man die Kasse bedient. Oder als wir auf den Euro umgestellt haben. Es war Lernen, Lernen, Lernen. Und ich merke, dass es mir nicht schwergefallen ist, und dann denke ich in dem Moment, dass ich viele Dinge hätte machen können. Aber ich bedaure es auch nicht, denn alles, was ich nicht getan habe, haben meine Kinder getan. Ich habe ihnen die Möglichkeit gegeben, ich habe dafür gesorgt, dass sie alles haben, was möglich ist, damit sie eine Ausbildung machen und weiterkommen können. Mit anderen Worten: Ich habe mich zu 100 Prozent darum gekümmert, dass sie studieren. Das war das Wichtigste für mich.
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