Ausstellung / Evia Pulgar 11/18
Wenn ich Geburtstag hatte, oder zu Weihnachten, kamen die Kassetten an, auf denen die ganze Familie redete. Damals gab es noch kein WhatsApp, so etwas gab es leider noch nicht. Also kam die ganze Familie zusammen, der Onkel, die Tante, die Großmutter, alle redeten auf die Kassette, und es wurde geweint, geweint, geweint. […] Und dann habe ich ihnen Kassetten zurückgeschickt. Und ich erinnere mich, dass wir manchmal zum Telefonieren auf die Straße gingen, weil die Telefone eingefroren [waren]. Dann fror das Telefon ein und wir konnten anrufen. Und hinter mir war eine Schlange, um in Chile anzurufen. Damals war das Telefonieren nämlich sehr teuer. Die Minuten kosteten sehr viel Geld, also rief niemand an. Zu Weihnachten gingen wir in die Kirche in der Nähe der Unterkunft, weil es dort einen Priester gab, der Spanisch sprach, Pater Quirino. Und es war traurig. Es war traurig für diejenigen von uns, die keine Familie hatten. Später, als mein Sohn geboren wurde, war es mir wichtig, ihm ein Weihnachten zu bereiten. Aber das erste Weihnachten ohne meine Eltern... all die ersten Male waren sehr schwierig.
Ich habe immer geweint, wenn Briefe kamen, oder wenn Kassetten ankamen. Oder viele Momente, in denen ich gerne in Chile gewesen wäre. Und wenn man anfängt zu begreifen, dass es eine lange Zeit dauern wird, denn solange die Diktatur andauerte, konnte man nicht zurückkehren. Als ich ins Lager kam, gab man mir einen Gutschein, um Kleidung zu kaufen. Ich erinnere mich, dass ich einen Mantel gekauft habe und ein paar Stiefel. Sie gaben dir Essen. Man zahlte keine Miete, keine Heizkosten. Sie gaben dir saubere Bettwäsche, makellos weiße Laken. Und das Essen... Aber da mein Mann schon arbeitete, fing ich an, im Zimmer zu kochen, mit einer Kochnische. Und dann fingen wir an, einige Dinge für das Zimmer zu kaufen. Ein Stockbett für die Kinder. Aber es war sowieso nur ein Zimmer, also mussten wir es durch einen Kleiderschrank abtrennen. Im Lager gab es einen Arzt. Deutsche Lehrer. Und als wir dann in diese Wohnung kamen, gaben sie uns ein Budget für Möbel, für Tisch, Stuhl, Sofa. Und der Rest, die Küche war eingerichtet. Aber mein Mann hat immer gearbeitet, ich habe auch gearbeitet. weiter lesen