Ausstellung / Daniela Bichl 10/14
[Das Leben zwischen den Kulturen bedeutet natürlich immer wieder] eine Zerrissenheit, auch das Trauma, das du mittransportiert bekommst. Anderseits auch, es als große Stärke zu sehen… Ich hatte immer das Gefühl, dass mein Horizont viel weiter ist, als der meiner rein österreichischen Freunde, weil ich einfach eine Verbindung hatte zu einer anderen Sprache, zu einer anderen Kultur. […] Die Möglichkeit zu haben, einfach offener zu sein und die Sachen auch mehr zu kennen auch… Etwas voraushaben, ja, das ist vielleicht der bessere Ausdruck. [Und] in beide Richtungen. Auch möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass das aber auch mit Scham begleitet war. Meine Großeltern konnten sehr schlecht Deutsch, [da] hab’ ich mich auch geschämt dafür… Wenn Menschen nicht gut Deutsch können, wird man halt oft leider degradiert und […] manchmal gab’s Situationen, wo ich mir gewünscht hätte, […] eine österreichische Familie zu sein und nicht anders zu sein… Oft will man als Kind nicht anders sein. Und auf der anderen Seite wieder hat’s mir manchmal, in manchen Situationen auch getaugt, mal so, mal so. […]
[Da gibt es einen] Punkt, bei dem ich sehr verbunden fühle allgemein mit der migrantischen Community, weil das alle Migra-Kids kennen: beim AMS anrufen, Formulare ausfüllen, bei der Krankenkasse anrufen, Arzttermine koordinieren, Übersetzung….
Aber auch nicht nur rein sprachliche Übersetzung, sondern vielleicht auch die Übersetzung in diesen Kulturkreis hier, wie einfach die Amtswege funktionieren, solang’ die Eltern noch da sind – und ich merk’ das bis heute bei meiner Mutter, sie kann wirklich sehr gut Deutsch, aber Beamte… also hinzugehen ist noch einfacher, aber das Anrufen, Telefonieren mit Beamten oder Amtswege nicht in der Muttersprache zu machen, sobald man mit diesem Beamtendeutsch konfrontiert ist, ist schwierig. Formulare ausfüllen und das mach’ bis heute ich, immer. Und das ist… Wenn ich mich mit anderen Migra-Kids austausche, egal aus welchen Ländern, alle sind… das ist einfach ein Erbe von uns, für uns, ja.
Unsere Eltern haben fast alle als Reinigungskräfte – oder unsere Mütter speziell – gearbeitet oder in einer Fabrik oder, wenn’s schon bissl besser gelaufen ist, dann vielleicht als Krankenschwester… Und das hat uns, glaube ich, auch verbunden, dieses… Einerseits eh diese Realität, die wir alle kannten: Formulare ausfüllen für die Eltern, Eltern, die nicht perfekt Deutsch können und die auch in der sozioökonomischen Realität nicht in der ersten Stufe oben waren… Das ist auch verbindend und hat uns auch gestärkt untereinander, auch in Abgrenzung zu den privilegierten Kindern hier, die behütet aufgewachsen… Nein, wir sind auch behütet aufgewachsen, muss ich sagen, aber […] ich hatte schon immer das Gefühl in vielen Dingen, dass es meine Mitschüler einfach einfacher haben […].
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