Ausstellung / Caty Catalán 8/14

[Bei der Ankunft in Österreich] überraschte mich, wie ordentlich alles war. Mir gefiel das, alles hatte seine Ordnung. In jenen Zeiten war es auch sehr sauber, vor allem die Straßen, alles war pünktlich. Also, ich weiß nicht, ob es mir gefiel oder mich schockierte, denn am Anfang war ich selbst sehr unpünktlich. Ich hatte Probleme mit der Pünktlichkeit. Was stieß mich noch vor den Kopf? Ah, dass man mindestens zwei Tage vorher ankündigen musste, wenn man jemanden besuchen oder sich mit jemandem treffen wollte. Anfragen, wenn ich meine Freundin besuchen wollte. Ich konnte nicht einfach kommen und sagen: „Hallo, Simone, wie geht’s?“, sondern ich musste anrufen und sagen: „Hallo, hast du vielleicht morgen oder über­morgen Zeit?” Da fehlte die Spontanität. Aber so richtige Schocks, nicht wirklich. Heute habe ich ein Visum zur Familien­zusammen­führung. Ich bin weiter­hin Chilenin. Ich hatte oder habe die Möglichkeit, die öster­reichische Staats­bürgerschaft zu erhalten, aber es schmerzt mich etwas, ich weiß nicht… ich will meine chilenische Staatsbürger­schaft nicht aufgeben. […] [Mit diesem Visum habe ich] mehr rechtliche Sicherheit, fühlte mich sicherer, hierbleiben zu können. [Ich will in Österreich bleiben.] Ich habe hier meinen Anker ausgeworfen. Außer den Aktivitäten in den Schulen meiner Töchter [engagiere ich mich in Österreich nicht in gesellschaftlichen Belangen]. Da gibt es immer Aktivitäten. […] Ich mache viel mit den Müttern der Freundinnen meiner Töchter, habe Umgang mit ihnen. […] Eine Tochter spielt Fußball, die andere Handball, also gibt es eh immer Kontakte mit den Leuten in diesen Zusammenhängen.

[…] Wir hören viel österreichisches Radio, sehen nur das österreichische und das deutsche Fernsehen. Ich lese Zeitung, informiere mich, höre die österreichischen Nachrichten. […] Ich bin integriert, ja. Ich will mich auskennen, bin immer aufmerksam, höre die Infor­mationen. In der Arbeit muss man auch immer infor­miert sein. […] Wenn ich hier lebe, [dann ist das wichtig]. Natürlich [vermisste ich gewisse Dinge] am Anfang. Vor allem die Familie und die Freunde vermisst man. Nostal­gie… manchmal das Essen der Mutter, der Groß­mutter. Ja, vor allem die Familie. Aber mit der Zeit, wenn man schon seine eigene Familie hat, deine eigenen Kinder, dann macht dich das stärker. Deine Wurzeln nicht zu vergessen… Tatsächlich fragen mich viele Leute, ob ich noch ein bisschen von dieser Nostalgie, diesem Vermissen empfinde. Und… eigentlich nicht mehr, nicht mehr so sehr. Sagen wir, es ist nicht mehr so stark. Vielleicht in einigen besonderen Momenten wie zu Weihnachten, wenn man viel an die Familie denkt. Denn ich habe meine Mutter und meinen Bruder, die noch in Chile sind. Na, meine ganze Fami­lie… Ich bin die Einzige, die hier ist. Und ja, in diesen Augenblicken vermisst man einander ein wenig, aber… in Wirklichkeit ist dieser Gedanke, nach Chile zurück­zugehen, nicht mehr so stark. [In diesen Mo­men­ten nehme ich dann Zuflucht] zum chilenischen Fernsehen. Ich sehe zum Beispiel gerne manchmal irgendeine Telenovela im Internet an, die ich früher gerne mochte, in jenen Zeiten. Oder ich schaue mir eine chilenische Zeitung an. […] Das mache ich manchmal, aber nicht mehr ständig, nicht mehr täglich wie damals. Heute nur noch manchmal, wenn die Nostalgie zuschlägt.
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