Ausstellung / Caty Catalán 12/14
[An die gesellschaftspolitische Situation in Chile zum Zeitpunkt meiner Abreise] erinnere ich mich eigentlich nicht. […] [Aber] ich war immer informiert [was in Chile geschieht]. Über das Radio und Zeitungen im Internet. [Mit der Familie und Freunden kommuniziere ich] zurzeit […] über WhatsApp, Facebook, die sozialen Medien… […] Mit der Familie ist die Kommunikation im Fluss und […] ich habe immer noch Kontakt mit Freunden über Facebook, man schreibt sich manchmal, du chattest mit ihnen […]. Seit es […] Facebook gibt, fühle ich mich näher an Chile und an meiner Familie. Vielleicht fühle ich mich deshalb jetzt nicht mehr so weit von Chile, denn anfangs war es sehr schwer zu kommunizieren. Man konnte nur manchmal faxen oder musste eine besondere Karte kaufen, um einen Anruf nach Chile zu machen. Das war damals nicht so einfach […]. [Seit ich nach Österreich übersiedelt bin], hatte ich die Möglichkeit [nach Chile] zu reisen, nicht viel, aber doch. Dreimal reiste ich. Mit meiner älteren Tochter fuhren wir einmal, als sie zwei Jahre alt war, seither nicht mehr. Jetzt war ich schon fast zwölf Jahre nicht mehr dort. [Bei den Chile-Aufenthalten] schockierten mich manche Dinge. […] Zum Beispiel sind hier alle sehr organisiert, du hast eine Struktur und diese Struktur ist deine. Du stehst auf, frühstückst, tust deine Dinge und bereitest dich auf den Tag vor. Es gibt nicht dieses: „Lass uns heute nachmittags zusammenkommen!“ oder „Ich komme am Nachmittag bei dir vorbei.“ Als ich dann nach Chile kam, kamen meine Freundinnen, ohne sich vorher anzukündigen, und das schockierte mich am Anfang, weil man das in Österreich nicht tun kann. Und die Art zu denken, die Dinge zu sehen in Chile […] Sie fragen dich: „Und ist deine Tochter getauft?“ Und wenn ich etwa sage: „Nein, ich habe sie noch nicht taufen lassen“, weil ich will, dass sie später die Entscheidung treffen soll […], dann sehen sie das als etwas Schlechtes und nicht […]. Auch [auf nationaler Ebene] sind die Dinge weiterhin schwierig. Die gleichen Ausbildungsbedingungen zum Beispiel [wie damals] […]. Zumindest mich schockiert das sehr. Und die Organisation des öffentlichen Verkehrs und des Gesundheitswesens. Ich musste eines Tages in Chile mit meiner Tochter ins Spital und das war etwas merkwürdig. Ich musste privat bezahlen, damit sie behandelt wurde, das ist hier anders. [Was Spuren Chiles in Wien betrifft], muss ich zuerst an das Salvador Allende-Denkmal an der Donau denken. Das ist ein besonderer Ort, ich bin immer hingegangen, wenn die Chilenen etwas veranstaltet habe, vor allem am 11. September. […] Was mich auch an Chile erinnert, ich war glaube ich einmal dort… – wenn sie „Macondo“ erwähnen. Wenn du es plötzlich im österreichischen Fernsehen hörst. Du hörst diesen Namen und sofort denke ich an die Chilenen. Und dann die Botschaft […], die Straße, wo sich die chilenische Botschaft befindet.
[Als chilenische Mutter zeige ich meinen Töchtern die chilenische Kultur.] Zuhause sprechen wir Spanisch. Nicht immer, aber wir bemühen uns. Zumindest ich bemühe mich, da ich die bin, die zuhause mehr Deutsch spricht. Alejandro spricht mehr Spanisch und sagt immer: „Es muss zuhause mehr Spanisch gesprochen werden.“ Also versuchen wir, mit den Mädchen die spanische Sprache beizubehalten. Das Essen auch. Es gibt chilenische Speisen, die die Mädchen lieben. Sie schmecken ihnen, vor allem, wenn die Oma da ist, weil die Oma ihnen chilenische Rezepte beibringt. Dann erzählen wir ihnen von der chilenischen Geschichte und auch von der aktuellen Lage. Die Mädchen haben schon ein Alter, in dem sie fragen: „Warum sind wir hier?“ Oder „Warum ist Papa hier? Warum ist der nach Wien gekommen?“ Und, gut, Alejandro ist es, der ihnen die Geschichte erklärt. Was passiert ist. Wieso seine Eltern oder die Großeltern nach Wien gekommen sind. Meine Situation sehen sie mehr als Abenteuer, denn die beiden Geschichten sind ja wirklich unterschiedlich… weshalb Alejandro hier ist und weshalb ich hier bin. Und das fällt den Mädchen auf, vor allem Papas Geschichte, und dann fragen sie. Wir sprechen viel von der Geschichte Chiles. Vor allem Alejandro erklärt den Mädchen, was geschehen ist. Sie wissen auch viel […], zum Beispiel bei einem Regierungswechsel wissen sie, wer Präsident ist in Chile. […] Auch geographisch kennen sie sich ein bisschen aus, sie wissen, wo es auf der Karte liegt, weil von dort die Familie kommt… um ihnen zu vermitteln, dass das unsere Wurzeln sind. Sie sind in erster Linie Österreicherinnen. Ich versuche ihnen klar zu machen, dass sie Österreicherinnen mit chilenischen Wurzeln sind. Sie sagen: „Ja, aber ich bin hier geboren.“ In Wirklichkeit sind sie in dieser Kultur aufgewachsen und es ist schwierig gewesen, ihnen die chilenische Kultur zu zeigen. Wenn etwa die Familie zusammenkommt, vor allem bei der Oma, die hier in Wien lebt, da fühlt man sich ein bisschen wie in Chile. Alle sprechen wir Spanisch, zum Beispiel, wir sprechen von der Geschichte, es ist die Rede von den chilenischen Ereignissen und man hört chilenische Musik. Das gefällt ihnen schon. Den Feiertag am 18. September begehen wir auch, das ist ganz besonders, wir machen es ganz chilenisch. Sie haben ihre chilenischen Flaggen und Trachten. Diesen Tag mögen sie auch sehr, denn wir kochen gemeinsam Empanadas. Es gibt spezielle Anlässe wie Weihnachten, die feiern wir auch sehr familiär, ganz wie in Chile, und Ostern und Geburtstage.
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