Ausstellung / Carla Bobadilla 3/18
Mein älterer Bruder, der […] im Jahr des Putschs zehn Jahre alt war, studierte [Mitte der 1980er Jahre] Technik auf der katholischen Hochschule von Valparaíso. Damals steckten wir mitten in einer schlimmen Wirtschaftskrise und so wollte mein Bruder neben dem Studium arbeiten gehen, um sich mit seinen 23 Jahren selbst zu erhalten. Er begann, im Hafen Obst zu verladen. Und ich denke, dass das gemeinsam mit seiner Mitgliedschaft in irgendeiner sozialistischen oder kommunistischen Bewegung und mit der Tatsache, dass er schon mehrfach wegen seiner Teilnahme an Demonstrationen verhaftet worden war […] – dass das also meine Mutter zur Entscheidung brachte, ihn aus dem Land zu schaffen. […] Und es war wirklich eine Erleichterung, denn jedes Mal, wenn mein Bruder in Haft geriet, wusste niemand, ob man ihn wiedersehen würde oder nicht. […] Stell dir vor, wie hart es ist, deinen Sohn, deinen ältesten Sohn aus dem Land zu schaffen.
Wie hart! Das hat uns als Familie sehr geprägt […] Ich fühlte eine Leere, eine furchtbare Verlassenheit. Und mit 18 beschloss ich, ihn in Schweden zu besuchen. Als emanzipierte Frau aus Valparaíso der 1990er Jahre war ich total fasziniert von der sozialen und politischen Lage in Skandinavien. Es entzückte mich. Ich kam an und sagte: „Das ist der Ort, wo ich leben will.“
Ich kehrte nach Chile zurück, studierte und wollte die beste Studentin sein, und dann begann ich, Geld zu sparen. Und als ich genug beisammenhatte, um das Land wieder zu verlassen, lernte ich [meinen heutigen Ehemann] Matthias kennen und wir verliebten uns unsterblich und heirateten innerhalb von drei Monaten und kamen hierher.
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