Berichte von Zeit zeuginnen als biographische Gespräche

„Das chilenische Wien“… „Viena Vhilena“…

Wien ist auf Spanisch weiblich, und das symbo­lisiert auch den Ausgangspunkt unseres Pro­jek­tes. Denn ein Ziel dieses Forschungs­projekts war es, zuallererst die bisher noch kaum bekannte Exil­er­fah­rung von Frauen in den Mittelpunkt der Erinnerungs­arbeit zu stellen. So ging das Forschungsteam daran, mögliche Gesprächs­partner­innen zu kontaktieren. Die chilenische Com­munity in Wien ist sozial sehr viel­fältig und umfasst Menschen unterschiedlichster Berufe, Interessen und – ganz allgemein – Lebenswege. Es war daher wichtig, einen möglichst großen Teil dieses breiten Spektrums einzubeziehen, auch wenn niemals volle Repräsentativität erreicht werden kann.

Die Grundstruktur der interviewten Gruppe umfasst vier Teilgruppen und spiegelt die verschiedenen Ge­ne­rationen des Exils und der Migration wider. Die „erste Generation“ besteht aus jenen, die bereits als Erwach­sene gekommen sind und Elternfunktionen hatten, meist in den 1970er und frühen 1980er Jahren. Die „zweite Generation“ umfasst deren Kinder, sowohl die hier geborenen als auch jene, die in sehr jungen Jahren in Wien anlangten und daher in eigener Wahr­neh­mung immer hier gelebt haben. Die „dritte Gene­ration“ ist dann schon durchgehend in Wien geboren, als Kinder von Eltern, die meist selbst schon hier auf­gewachsen waren.

Eine vierte Teilgruppe inkludiert schließlich Frauen, die es nach 1990 nach Wien verschlagen hat und deren Motive unterschiedlicher Natur waren, wie beispiels­weise Arbeit, Studium oder Partnerschaft. Mittlerweile machen diese Menschen einen erheblichen Anteil der Wiener chilenischen Community aus, und auch hier ist die weibliche Migrationserfahrung von jener der Männer sehr verschieden. Es ist uns daher wichtig, auch diese Dimension in „Viena Chilena“ zu dokumentieren.

Die gesamte Forschungsarbeit wurde von einem interdisziplinären Team durchgeführt. Die biog­raphi­schen Interviews wurden von erfahrenen Sozial­wissen­schaftler_innen aufgezeichnet und folgten einerseits alle dem gleichen – freilich an die jeweilige Gruppe angepassten – Leitfaden, sodass eine gewisse inhaltliche Kohärenz und Vergleichbarkeit gegeben ist. Andererseits waren die Gespräche stets so offen, dass sich besondere Themen ungehindert vertiefen ließen. Die Tonaufnahmen wurden dann nach wissen­schaft­lichen Kriterien tran­skribiert und diese Tran­skript­ionen wurden den Gesprächspartnerinnen zur Revision vorgelegt, damit diese noch Änderungs­wünsche anbringen und ihr Interview freigeben konnten.

Bisher wurden 14 Interviews geführt, in Zukunft sollen zahlreiche hinzukommen, die noch weitere Dimens­ionen der austro-chilenischen Erinnerungs­kultur zugänglich machen.